Qualitative Zielgruppengespräche
Wertvolle Informationen aus erster Hand
Das Phänomen Customer Centricity gewinnt an Relevanz und macht deutlich, dass das Thema Zielgruppe nicht nur im Bereich Marketing, sondern im gesamten unternehmerischen Alltag nicht mehr wegzudenken ist. Aber wer genau ist meine Zielgruppe? Und woher kommen die wertvollen Informationen und Erkenntnisse über Zielgruppen? Wer nicht aktiv in den Kontakt mit seiner Zielgruppe tritt, der stochert strategisch im Dunkeln. Die folgenden Zeilen sollen die Chancen von Zielgruppeninterviews erläutern und ein paar Tipps an die Hand geben, die es bei der Befragung der eigenen Zielgruppe zu beachten gilt.
Wir haben uns auf die Suche nach den großen Zukunftsaufgaben im Bereich User Experience gemacht und konnten dabei nicht umhin, auch einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Was hat sich im Mobile UX Design getan, seit Steve Jobs 2007 mit dem ersten iPhone die Welt für immer verändert hat? Und welche Entwicklungen werden UX Designer:innen in Zukunft in Atem halten und kreative Lösungen erfordern? Bitte einmal festes Schuhwerk und gute Laune einpacken! Es ist Zeit für eine Exkursion ins Thema UX-Historie.
Doch bevor wir ins Detail gehen, möchte ich eine kurze Einführung in den Bereich der Zielgruppengespräche geben und an dieser Stelle mein Wissen aus Studienzeiten sprechen lassen: Zielgruppeninterviews sind nicht gleich Zielgruppeninterviews. Die Wissenschaft (und auch Praxis) unterscheidet zwischen quantitativen und qualitativen Zielgruppeninterviews.
Eine kurze Abgrenzung …
Quantitative Zielgruppeninterviews: Das Ziel hierbei ist es, bereits bestehende Hypothesen mithilfe mathematischer Methoden zu überprüfen. Es werden möglichst viele Daten gesammelt, welche dann durch statistische Verfahren ausgewertet werden.
Qualitative Zielgruppeninterviews: Das Ziel hierbei ist es, ein vertieftes Verständnis über die Zielgruppe und die Komplexität des Konsumverhaltens zu erhalten. Hierfür werden einzelne Repräsentanten der Zielgruppe in einem persönlichen Gespräch befragt. Die Auswertung erfolgt verstärkt interpretativ statt mithilfe mathematischer Formeln.
Welche Methode gewählt werden sollte, hängt individuell von der Ausgangslage und Aufgabenstellung ab. In diesem Blogbeitrag sollen die qualitativen Zielgruppengespräche im Fokus stehen – ich persönliche nutze sie in meinem beruflichen Alltag besonders gerne, da ich somit in den direkten Austausch mit der Zielgruppe gehe und vertiefte Fragen stellen kann. Es sei jedoch auch gesagt, dass zur Durchführung qualitativer Zielgruppeninterviews mehr Vorbereitung und Aufwand gehören – schließlich geht es hierbei um den persönlichen Austausch mit unseren Probanden.
Lohnt sich der Zeitaufwand qualitativer Zielgruppeninterviews?
Klares Ja! Qualitative Zielgruppengespräche liefern die Chance, Informationen aus erster Hand zu erhalten. Tritt man in den direkten Austausch, so kann man neben dem Gesagten auch die nonverbale Kommunikation analysieren – wie reagieren die Probanden:innen auf die Fragen? Welche Gestik und Mimik benutzen sie? Wie offen und authentisch ist mein Gegenüber?
Die Tiefengespräche liefern die Möglichkeit, eine tiefgreifende Analyse der Bedürfnisse, Wünsche und Emotionen gegenüber eines Produktes oder einer Marke zu ergründen. Und genau hier kommt der Vorteil der qualitativen Interviews zum Tragen – denn es ist möglich, Rückfragen zu stellen und in den Austausch zu gehen. Dadurch wird es möglich, das “gewisse Gefühl” für die eigene Zielgruppe zu bekommen.
Was ist bei der Durchführung qualitativer Zielgruppengespräche zu beachten?
Wählt die Studienteilnehmer:innen mit Bedacht aus: Sprecht nicht nur mit Kunden:innen, sondern auch Nicht-Kunden:innen – denn Kunde:in bedeutet nicht gleich Zielgruppe. Vielleicht wollt ihr ein neues Marktsegment erreichen oder schöpft das aktuelle Segment noch nicht ausreichend aus. Spannend ist es daher vor allem, genau mit den Probanden:innen zu sprechen, die ihr aktuell noch nicht erreicht. Außerdem sollten die Personen offen sein und Themen konstruktiv hinterfragen, um wirklich wertvollen Input zu erhalten.
Verfasst ein kurzes Anschreiben: Im Voraus zu den Zielgruppengesprächen verfasse ich gerne ein kurzes Anschreiben, um die Erwartungen an die Teilnehmer:innen abzustecken. Viele Personen stellen sich im Voraus die Frage, was genau sie erwartet und ob sie sich vorbereiten müssen. An dieser Stelle ist es wichtig, eventuell entstehende negative Gefühle oder auch Ängste gegenüber des Interviews frühzeitig zu nehmen. Ich stelle mich persönlich daher gerne vor, erkläre kurz und knapp, was im Interview passiert, wie viel Zeit die Person einplanen sollte und ob sie sich vorbereiten muss.
Schafft eine angenehme Atmosphäre: Eine vertrauensvolle Atmosphäre ist die Grundlage für ein offenes und ehrliches Gespräch. Wichtig ist, dass ihr konzentriert auf die Antworten und Fragen der Probanden:innen eingeht. Macht deutlich, dass ihr euch Zeit für das Gespräch nehmt und jede Information wirklich wertvoll für eure Arbeit ist. Meiner Meinung nach wird dieser Punkt telefonisch ein wenig erschwert, daher bevorzuge ich immer eine persönliche Durchführung der Interviews oder als Videokonferenz – auch allein, weil die Konzentration und Aufmerksamkeit am Telefon früher abbricht als im Face-to-Face Interview.
Vorbereitung ja, Standardisierung nein: Ein Leitfaden für die Zielgruppengespräche ist auf jeden Fall sinnig – allein schon, weil ihr mit der Befragung ja ein Ziel erreichen wollt. Ich persönlich erstelle mir immer eine Liste mit Fragen, die ich mithilfe der persönlichen Gespräche klären möchte. Im Gespräch selbst sollte man jedoch nicht verkrampft am Leitfaden festhalten, sondern offen und flexibel auf die Antworten des Probanden:innen eingehen, um die vollen Potenziale der qualitativen Zielgruppenbefragung nutzen zu können.
Der Austausch mit der wahren Zielgruppe ist unumgänglich!
Studien, Zahlen und Berichte sind schön und gut, authentische und wertvolle Zielgruppenanalysen basieren jedoch meiner Meinung nach auf echten und ehrlichen Informationen aus erster Hand. Nur der direkte Austausch mit eurer Zielgruppe macht es möglich, neue Lösungen und Ideen zu entwickeln – denn Innovation soll nicht nur auf dem Papier gut aussehen, sondern einen echten Mehrwert bei eurer Zielgruppe liefern. Wer dem Markt einen Schritt voraus sein will, sollte daher in den direkten Austausch mit der wichtigsten und relevantesten Anspruchsgruppe gehen – eurer Zielgruppe!
Gewohnheiten verschmelzen zum Standard
Disruptive Technologien bieten viele Möglichkeiten zum Experimentieren, bis sich ein gewisser Standard etabliert hat. Dies ist auch bei mobilen Endgeräten der Fall. Entwickler:innen haben über die Jahre viele neue Interaktionen und Layouts ausprobiert, um ein besseres Verständnis davon zu bekommen, wann welches Muster am besten verwendet werden sollte. Gute Beispiele hierfür sind die Navigationsleisten und das Hamburger Menü. Letzteres wird trotz seines geringen Informationsgehalts vor allem deshalb so häufig genutzt, weil Nutzer:innen gelernt haben, damit umzugehen und es praktisch auf allen Websites erwarten.
Durch diese Stabilisierung des Designs können UX-Designer nun auf bewährte Muster zurückgreifen und darauf aufbauen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Innovation und Experimentieren nicht mehr möglich sind. Vielmehr bietet es eine solide Basis, auf der weitere Verbesserungen und Anpassungen vorgenommen werden können, um die User Experience kontinuierlich zu optimieren. Die Herausforderung besteht darin, die richtige Balance zu finden – das Vertraute zu bewahren und gleichzeitig neue Ansätze zu erforschen, um die Bedürfnisse der Nutzer bestmöglich zu erfüllen.
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